WeissWachstum braucht Licht, Wärme,baum2
Nährstoffe und viel Zeit. 

Ebenso braucht die persönliche Entwicklung Liebe, Geborgenheit, Anregung und Zeiten der Musse, um sich selber zu reflektieren.

Zur Entwicklungskompetenz gehören

1.1 Lernbereitschaft

Der Mensch hat eine unstillbare Lust auf Neues, das Gehirn liebt Spannungen und Überraschungen. Die intensive Beschäftigung mit etwas, was unseren Wunsch nach Neuem befriedigt, macht uns glücklich. Vielen Menschen fällt es schwer, ihre grundsätzliche Neugier im Verlaufe des Lebens auf Wesentliches zu lenken – oft ist es viel einfacher, oberflächlicher Sensationslust nachzugeben. Entsprechend finden sich viele in Seminaren oder beruflichen Weiterbildungen wieder, ohne dafür die notwendige Lernbereitschaft mitzubringen. Aus unterschiedlichsten Gründen fühlen sie sich dazu genötigt, sich persönlich und emotional weiterzuentwickeln. Aber bei den Soft Skills ist ohne Lernbereitschaft ein Lernerfolg unmöglich. Lernbereitschaft kann grundsätzlich unterstützt werden, indem Personen mit ihren Zielen und Wünschen konfrontiert werden und daraus erkennen können, ob Veränderungen überhaupt nötig sind, was es braucht und ob sie bereit sind, diesen Weg der Veränderung zu gehen.

1.1.1 Offen sein für Neues

Die Offenheit für Neues nimmt zwischen dem zwölften und dem zwanzigsten Altersjahr deutlich zu und danach langsam wieder ab. Entwicklung bedeutet Neues, und dieses Neue wird zunächst häufig ausgeblendet. So nehmen viele Erwachsene lange Zeit keine Notiz von der Existenz oder der Relevanz eines Problems oder Wunsches. Sie zweifeln an der Lösbarkeit eines Problems oder der Erreichbarkeit eines Zieles oder an der eigenen Problemlösungs- oder Zielerreichungskompetenz, was sich in Schulungen und Coachings als Widerstand äussert. Entwicklung setzt aber eine offene Haltung voraus.

1.1.2 Sich selber motivieren

Motivieren muss eine Person sich selbst, Lernmotivation kann nicht von aussen eingegeben werden. Aber die grundsätzlich vorhandene Motivation kann unterstützt werden durch sinngebende und verantwortungsvolle Aufgaben, unabhängiges Handeln und Anerkennung der Leistungen. Unsere Motivation hängt von der Freude an der jeweiligen Arbeit (intrinsische Motivation) und vom materiellen Gewinn, den wir daraus ziehen (extrinsische Motivation ) ab.

1.1.3 Eigenes Lernver­halten kennen

Wer seine Muster und Einstellungen zum Lernen nicht kennt, kann den eigenen Lernwiderstand kaum überwinden und bleibt auf derjenigen Stufe der Lernbereitschaft stehen, die seiner gewachsenen Einstellung zum Lernen entspricht. Deshalb ist es wesentlich, sich mit den eigenen Glaubenssätzen zum Lernen und der gemachten Lernerfahrungen auseinanderzusetzen.  Der eigene Lernstil und alle Instrumente der Lern- und Arbeitstechnik sollten auch im Zusammenhang mit der Reflexion und der Überprüfung der Entwicklung gesehen werden.

1.1.4 Aus Fehlern lernen

Aus der Abgrenzung vom Negativen lernen wir ebenso viel über das Positive wie von positiven Vorbildern selbst. Wer erkennt, wie etwas nicht geht oder was etwas nicht ist, hat ziemlich viel darüber erkannt, wie etwas gehen oder was etwas sein könnte. Fehler zu machen, ist ein grosser Vorteil, denn die Erinnerung daran (und eventuell an die positiven oder negativen Folgen) bleibt dauerhaft. Ein Fehler beziehungsweise Fehlverhalten ist meistens Ausdruck der bestmöglichen Lösung zu einem bestimmten Zeitpunkt. Sie weisen uns also immer auch auf tiefer liegende Zusammenhänge hin, die aufgedeckt werden können.

1.1.5 Kreativ sein

Kreativität bedeutet, Neues zu schaffen. Sie lebt von Freiheit und Nicht-Bewertung. Kreativität und Neues wächst vor allem aus der inneren Ruhe und Stille, nicht in der Hektik des Alltags und der Beschäftigung mit Zahlen, Daten und Fakten.

 

1.2 Reflexionsfähigkeit

Reflexion ist das Innehalten, der Perspektivenwechsel und die kritische Betrachtung der eigenen Werthaltungen, Beiträge und Möglichkeiten.

1.2.1 Perspektivenwechsel: Das Geschehen aus Abstand betrachten

Um sich selbst reflektieren zu können, sollte eine Person über die Fähigkeit zum Perspektivenwechsel verfügen, das heisst, sie sollte sich selbst und das Geschehen rund um sich selbst mit Abstand und von aussen betrachten können.

1.2.2 Die eigene Werthaltung erkennen

Seine eigene Werthaltung in Bezug auf die Entwicklung zu erkennen, setzt voraus, dass die eigenen Annahmen im Zusammenhang mit Lernen und Entwicklung und ihre Auswirkungen auf die Lernstrategien und Lerngewohnheiten bekannt sind.

1.2.3 Sich selbst realistisch einschätzen

Weder Über- noch Unterschätzung der eigenen Fähigkeiten sind hilfreich bei der Entwicklung. Ohne Spiegelung und ehrliches Feedback von aussen kann die Selbsteinschätzung nicht gelingen.

1.2.4 Kritikfähigkeit

Kritikfähigkeit bedeutet, Kritik annehmen zu können, dabei die eigenen Anteile an Erfolg und Misserfolg selbstkritisch zu analysieren und aus der Kritik zu lernen.

1.2.5 Verantwortung für die eigene Entwicklung übernehmen

Die Verantwortung für die eigene Weiterentwicklung in allen Kompetenzbereichen (emotionale Kompetenz, Gruppen- und Beziehungskompetenz, Auftritts- und Kommunikationskompetenz, Fachkompetenz) zu übernehmen, bedeutet, den eigenen Beitrag zu der eigenen Persönlichkeit zu erkennen. Dies erleichtert es, sich von Therapeuten, Beratern und Lehrpersonen unabhängiger zu machen und deren Feedback anzunehmen.

 

1.3 Entwicklungsbedarf klären

Lange Zeit war es so, dass gelehrt wurde, was die Lehrpersonen für richtig und wichtig hielten. Man wusste einfach, was in der 5. Klasse dran war, was jemand im ersten Lehrjahr zu lernen hat und wie eine Fremdsprache gelernt wird.

Inzwischen haben viele erkannt, dass die Sache nicht ganz so einfach ist. Lernen baut immer auf Vorerfahrungen, Vorwissen und bereits vorhandenen Kompetenzen auf. Zudem ist Lernen mehr als Wissensaneignung. Lernen ist Weiterentwicklung der Persönlichkeit, des Wissens, der Soft Skills und der Handlungsfähigkeit.

Um einen vollständigen Überblick über den Lern- und Entwicklungsbedarf zu erhalten, sollte geklärt werden

  • was bereits vorhanden ist (Standortbestimmung)
  • was die Anforderungen sind (Bedarfsklärung)
  • was im Rahmen der individuellen Möglichkeiten liegt (Potenzial)
  • wie die Entwicklungsschritte aufeinander aufgebaut werden können

Denn Entwicklung muss zwingend auf Vorhandenem aufbauen, ohne Boden kann nichts wachsen. Alle diese Schritte sollten mit der Selbsteinschätzung eines Individuums abgestimmt werden, sonst läuft die Förderung ins Leere.

1.3.1 Standortbestimmung : Was ist vorhanden?

Der erste Schritt zur Lernplanung ist also die Standortbestimmung. Wer Arbeitslose fragt, was ihre Kompetenzen und Fähigkeiten sind, erhält ganz oft keine präzisen Antworten. Zu wissen, was man alles kann (und diese Kompetenzen in einem Portfolio systematisch nachweisen zu können) ist aber ebenso wichtig auf dem Arbeitsmarkt wie in der persönlichen Lebensgestaltung und in der Bildung.

Dabei geht es nicht nur darum, genau zu erfassen, was jemand alles weiss (Wissen) und kann (Fertigkeiten). Ebenso wichtig sind Kompetenzprofile von Soft Skills (Haltung).

Kurz gesagt

  • Was weiss der/die Lernende bereits?
  • Was kann er/sie bereits?
  • Was will er/sie bzw. wozu ist er/sie intrinsisch motiviert?

1.3.2 Bedarfsklärung : Was sollte sein ?

Der Bedarf, oder anders gesagt das Soll, ist keine unabhängige, objektive Grösse. Er ist abhängig von objektivierten Anforderungen von aussen, also von

  • Erwartungen von Lehrpersonen
  • Prüfungsanforderungen
  • Lernzielen (zum Beispiel aus Lehrplänen)
  • Vorgaben der Vorgesetzen im Beruf (zum Beispiel aus Berufsbildern, Anforderungsprofilen, Pflichtenheften)
  • Erwartungen von Bezugspersonen, Familie und Freunden.

Wesentlich sind aber auch subjektive Anforderungen wie die eigenen Erwartungen oder der Gruppendruck.

1200px Dynamische Darstellung der Bedrfnishierarchie nach Maslow.svg
Philipp Guttmann, CC-by-sa 3.0/de

1.3.3 Potenzial nutzen : Was ist möglich ?

Die erreichten Kompetenzen gezielt weiterzuentwickeln und dabei Ressourcen und Potenziale zu nutzen, macht es möglich, effizient und effektiv zu lernen. Wichtige Potenziale liegen im Bereich des Charakters, der Neigungen und der Art und Weise, wie jemand Neues aufnimmt (Lerntechnik, Offenheit, Lernstil).

1.3.4 Persönliche Prioritäten setzen

Bevor man eine Weiterbildungsmassnahme plant oder sich zum Ziel setzt, ein Skill zu verbessern, muss man sich darüber klar werden, ob man dies wirklich will

  • Passt die angestrebte Kompetenz bzw. des Skills überhaupt zu mir?
  • Bringe ich genügend intrinsische Motivation mit, um am Lernen dranzubleiben?
  • Gäbe es etwas, was für mich jetzt wichtiger wäre?
  • Habe ich das passende Umfeld, das mich für diese Weiterentwicklung unterstützt?

1.3.5 Massnahmen ableiten : Wie sieht der Entwicklungsweg aus ?

Erst wenn ich mich verbindlich entschieden habe, dieses Entwicklungsziel anzugehen, kann ich - gemeinsam mit der Lehrperson - den Entwicklungsweg planen.

  • Um die Differenz zwischen Ist (Standortbestimmung) und Soll (Bedarfsklärung) zu überwinden, werden Prioritäten gesetzt und Massnahmen abgeleitet.
  • Hier entscheidet sich,
    • ob autodidaktisch, on the job oder in speziellen Bildungsmassnahmen gelernt werden soll,
    • welche Anforderungen an die Bildung gestellt werden und
    • wer alles daran beteiligt ist.

 

1.4 Entwicklung planen

Lernen ist Weiterentwicklung von Kompetenzen. Kompetenzen schliessen Wissen, Können und Haltung ein - deshalb ist jedes Lernen immer auch Persönlichkeitsentwicklung.

Die Entwicklung von Soft Skills planen

Weiterentwicklung von Lebenskompetenzen (Soft Skills) geschieht lebenslang und mehrheitlich ungeplant. Bei der Übernahme von Führungsaufgaben, in Zeiten des beruflichen Umbruchs, in Krisen oder gegen Ende eines Lebensabschnittes gewinnt die Planung an Bedeutung, denn Soft Skills weiterzuentwickeln, ist nicht ganz so einfach, wenn viele Verhaltensweisen und Bewertungen bereits verfestigt sind.
Die sechs Stufen der Entwicklung (aufmerksam werden, akzeptieren, sich aneignen, einüben, Verantwortung übernehmen und Verinnerlichung) bilden die Grundlage zur Entwicklungsplanung. Sie sind im Buch "Lebenskompetenzen erweitern" von Ruth und Daniela Meyer detailliert dargestellt.

Konkrete Verhaltensbeschreibungen (Performanzen) für 150 Soft Skills sind im Buch "Soft Skills fördern" von Ruth Meyer präzisiert.

Die Weiterentwicklung von Handlungskompetenzen planen

Bei der Förderung von Handlungskompetenzen stehen (neben den Soft Skills und der fachlichen Kompetenz) die Fertigkeiten im Vordergrund. Um Fertigkeiten und Handlungsabläufe zu fördern, müssen praktische Übungen geplant werden, Experimentier-Umgebungen eingerichtet werden, Handlungsmöglichkeiten geschaffen und die Leistungsbewertung geplant und ermöglicht werden. Die Prüfung von Handlungskompetenzen wird im Buch "Handlungskompetenzen überprüfen" von Gregor Turnherr sehr informativ und praxisbezogen dargestellt. 

 Die Wissensvermittung planen

Es gehört zu den grossen Irrtümern von vielen Menschen, dass sie glauben, Weiterentwicklung sei eine Frage des Wissens. Unter Lernen wird allzuhäufig bloss die Aneignung von Wissen verstanden. Selbstverständlich gehört Wissen zur Weiterentwicklung einer Kompetenz dazu. Und die Vermittlung von Kenntnissen und Fachwissen professionell zu planen (mit einer vorgefertigten Präsentation ist diesbezüglich noch wenig gewonnen) gehört zu den Kernkompetenzen von Lehrpersonen.

Lebenskompetenz Entwicklung und Lernen planen

Zur eigentlichen Planungskompetenz gehört das strategische Denken ebenso wie die Organisation der individuellen Ressourcen und der Zusammenarbeit mit andern. Darauf und auf dem Entwicklungsbedarf aufbauend, können die Ziele und die Indikatoren für die Zielerreichung sowie deren Überprüfung formuliert werden.

1.4.1 Strategisch denken

Es fällt vielen Menschen schwer, in die Zukunft zu schauen und Visionen zu entwickeln oder sich Ziele zu setzen. Das strategische Denken ist abhängig von Offenheit und Kreativität, umfasst darüber hinaus aber auch Veränderungstechniken und Kenntnis der Phasen im Entwicklungsprozess.

1.4.2 Individuelle Ressourcen planen

Entwickeln und Lernen brauchen Raum, Zeit, Energie und Aufmerksamkeit. Damit eine Person diese drei Elemente zu organisieren bereit ist, sollte sie sehr gut motiviert sein. Viele sind sich nicht bewusst, dass Entwicklungs- und Lernleistung viel Energie braucht und dass diese Energie nicht ohne genügend Schlaf, Trinken und weitere Energiequellen sowie nicht zu jeder Zeit und an jedem Ort gleichermaßen verfügbar ist.

1.4.3 Ziele und Indikatoren festlegen

Ziele so zu formulieren, dass sie realistisch und überprüfbar sind, ist bei Soft Skills eine anspruchsvolle Herausforderung. In Kursen werden Ziele häufig entweder verhältnismäßig tief angesetzt, damit sie alle Teilnehmenden erreichen können oder aber so hoch, dass sie für viele unerreichbar bleiben und unrealistische Erwartungen wecken. Entwicklungsziele für Soft Skills werden sinnvollerweise passend zu den eigenen Lebens- und Berufszielen selbst formuliert.

1.4.4 Evaluation und Überprüfung planen

Zur Erfolgskontrolle und Auswertung (= Evaluation) gehören die Überprüfung der Lernumstände, des Lernerfolgs sowie des Verhältnisses von Aufwand und Ertrag. Die Planung legt die Zeitpunkte, die Verantwortlichkeiten sowie die Instrumente der Evaluation fest.

1.4.5 Interaktionen planen - Lernen mit andern

Lernen und Entwicklung geschieht im Kontakt mit andern. Gehaltvolle Kontakte und Austausch mit andern wollen gepflegt sein, um Möglichkeiten und Notwendigkeiten zur Weiterentwicklung zu entdecken.

 

1.5 Entwicklungserfolg überprüfen

Dass Lernerfolge überprüft und Noten gegeben werden ist normal. Solche Beurteilungen sind zwar nicht unumstritten und trivial, aber immerhin einigermassen anerkannt, wenn es um die Überprüfung des Wissens geht. Sobald aber Kompetenzen überprüft werden, ist das aber alles andere als klar.

Soft Skills beurteilen

Die Kontrolle und Beurteilung von Soft Skills ist heikel. Denn das Thema Soft Skills hat einen ethisch-moralischen Aspekt, der nicht aus den Augen gelassen werden sollte: Welche Ausprägung von welchen Soft Skills gefragt ist oder für richtig befunden wird, hängt vom Wertesystem der Umgebung ab. Und die Fremdeinschätzung ist nicht das Mass aller Dinge - nur die im Fokus stehenden Menschen selbst können beurteilen, ob die Fremdeinschätzung mit ihrer Selbstwahrnehmung übereinstimmt und - wenn sie das denn wollen - Auskunft darüber geben, weshalb das so ist.

In Seminarräumen wird häufig versucht, eine bestimmte Fähigkeit in einer absichtsvollen Art und Weise zu vermitteln. Dadurch wird zwar das Wissen über Soft Skills vermehrt, der Mensch selbst aber nicht verändert. Häufig kann das Wissen, wie man handeln sollte oder möchte, nicht im Alltag umgesetzt werden. Dies ist nur dann möglich, wenn freiwillig und aus eigenem Antrieb an der persönlichen Entwicklung gearbeitet wird und der Wunsch da ist, etwas zu verändern.  Eine unverwechselbare Persönlichkeit entsteht nicht im Kurs, sondern im alltäglichen Handeln, Üben und Reifen.

In der Praxis wird bei der Kontrolle von Soft Skills deshalb oft bloss Wissen abgefragt (über Fragebögen zum Beispiel), was eher zur geheuchelten Anpassung als zur gelebten Realität führt. Soll das tatsächliche Können überprüft werden, muss das im Dialog und mit Respekt geschehen.

Am Anfang steht die gemeinsame Zielformulierung und das sorgfältige Einbeziehen des Funktions- bzw. des Lernfeldes. Es muss vor der Schulung transparent werden, ob der Lernerfolg dem Funktionsfeld oder der Persönlichkeitsentwicklung dienen soll. Eine Weiterbildungsvereinbarung mit dem Vorgesetzten (im betrieblichen Umfeld) oder mit der sich entwickelnden Person selbst schafft hier die Grundlage für die Überprüfung. Nach der Schulung folgt der rationalen Analyse (Lernerfolg, Unklarheiten, Lücken) die emotionale Analyse (Akzeptanz des Gelernten, Widerstände, Bereitschaft zur Umsetzung) sowohl in Bezug auf die sich entwickelnde Person als auch in Bezug auf das Feld, in dem das veränderte Verhalten gezeigt werden soll.

Handlungskompetenzen beurteilen

Gregor Turnherr schreibt in seinem Buch S. 9 im Jahr 2020 zurecht:

"Das objektive und vollständige Erfassen und Beurteilen von Kompetenzen ist nicht möglich!"

Ausbildung hat sich vom Lernen im Sinne von Wissensaneignung hin zur Aneignung einer adäquaten Handlungsfähigkeit entwickelt. Handlungsfähigkeit ist Kompetenz, mit ihren drei Aspekten Wissen, Können und Haltung/Motivation - und entsprechend schwierig ist die Bewertung der Performanz (die konkret beobachtbare Ausführung einer Aufgabe in einer typischen Situation). Das sollte uns aber nicht daran hindern, so gut wie möglich zu prüfen - und es ist viel möglich.

Elemente einer fairen Kompetenzüberprüfung

Wer Kompetenzen (Handlungskompetenzen, Soft Skills) überprüft, hat es mit der Beobachtung und Beurteilung von komplexen Verhaltensweisen über längere Zeiträume zu tun. Die Prüfenden im Lernfeld (Lehrpersonen in der Schule oder Ausbildung) sind dafür sensibilisiert und ausgebildet. Wer aber als Vorgesetzte/r oder HR-SpezialistIn Mitarbeitende oder KandidatInnen für einen Job beurteilt, ist mehrheitlich überfordert.

1.5.1 Prozesse beobachten

Im Gegensatz zur Abfrage von statischem Wissen ist die Beurteilung von Kompetenzen nur über eine gewisse Beobachtungszeit möglich.

Um Entwicklungserfolge bei Soft Skills zu überprüfen, sollte der gesamte Prozess über eine längere Handlung beobachtet werden. Die meisten Soft Skills können nur in Assessments, Rollenspielen und realen Verhaltenssituationen beurteilt werden. Solche Prozesse zu beobachten schliesst das Erkennen von Prozessphasen ebenso mit ein wie das strukturierte Festhalten der wesentlichen Beobachtungen.

1.5.2 Entwicklungserfolg im Lernfeld beurteilen

Was wir in der Schule lernen, wird in der Schule überprüft. Da sprechen wir von Beurteilung im Lernfeld (die Schule, der Kurs, die arrangierte Lernsituation).

Die Überprüfung des Entwicklungserfolgs im Zusammenhang mit einer arrangierten Lernsituation erfolgt üblicherweise mit geplanten standardisierten Kompetenznachweisen, die es ermöglichen, sowohl das Wissen und die Fertigkeiten wie auch die Einstellung und Werthaltung im Zusammenhang einer Kompetenz zu beobachten. Solche Kompetenznachweise sind beispielsweise Spielarten von Projekten, schriftliche Fallbearbeitungen, Rollenspiele, Präsentationen oder Portfolios.

1.5.3 Entwicklungserfolg im Funktionsfeld beurteilen

Häufig lernen wir in der Schule für die Praxis am Arbeitsplatz oder im Alltag. Da sollte die neue Handlungskompetenz funktionieren - dieses realistische Umfeld wird auch als Funktionsfeld bezeichnet.

Bei Kindern werden Soft Skills überwiegend im Funktionsfeld (Familie, Schule) erworben, ohne arrangierte Lernfelder, die Beurteilung erfolgt über Lehrer/-innen, Erzieher/-innen und Fachpersonen. Bei Jugendlichen und Erwachsenen geht diese Beurteilung immer mehr in die Privatsphäre einerseits und die berufliche Qualifikation andererseits über. Die Beurteilung der persönlichen Entwicklungserfolge ist - gekoppelt an die Selbsteinschätzung - häufig getrübt durch den Ärger oder die Verletzung, die eine ungefilterte Rückmeldung der Bezugspersonen auslösen kann. Deshalb ist es wesentlich, sich gezielt Feedback zu erbitten und sich dieses Feedback zu Herzen zu nehmen.

Die Beurteilung der Entwicklungserfolge in der Berufspraxis erfolgt häufig über arrangierte Lernfelder oder konkrete Aufgaben. Entsprechend wird die Beurteilung entweder auf objektivierte Beobachtung gestützt oder aber als Zufriedenheit mit dem Ergebnis formuliert. Die meisten Beurteilungsgespräche stützen sich aber in der Praxis auf wenige subjektive Eindrücke, sie unterliegen nur zu oft Wahrnehmungsverzerrungen.

1.5.4 Wirksamkeit überprüfen

Sehr viele Soft Skill Seminare und berufliche Weiterbildungen werden hinsichtlich ihrer Wirksamkeit nicht überprüft. Was mit Blick auf die aufgewendeten Ressourcen eigentlich ein Muss wäre. Und gerade auch, weil Soft Skills Seminare von vielen "Gurus" sehr sehr teuer verkauft werden.

Da die Entwicklung von Soft Skills viel, sehr viel Zeit braucht, ist es mit der Frage am Abschluss "Habt ihr etwas gelernt?" nicht getan. Wir alle wissen, dass die gemachten Erkenntnisse und vielleicht in einem einmaligen Rollenspiel oder sogar nur in einer Diskussion thematisierten neuen Verhaltensweisen sich im Alltag sofort wieder verflüchtigen. Die Wirksamkeit einer Entwicklungsmassnahme kann deshalb erst über längere Zeiträume beurteilt werden. Deshalb sind längere Lehrgänge und über einen gewissen Zeitraum verteilte Bildungseinheiten wirksamer. Die Wirksamkeit wird überprüft, indem standardisierte Prüfungen und Beobachtungen mit der persönlichen Einschätzung und mit der Fremdbeurteilung (z.B. durch Vorgesetzte) verglichen werden. Erst ein persönliches Gespräch unter allen Beteiligten kann dann zeigen, ob die Bildungsmassnahme wirksam war.

1.5.5 Persönlichen Lernerfolg beurteilen

Da die Entwicklung von Lebenskompetenz eine immerwährendes Thema für die Menschen ist, ist für Viele der persönliche Lernerfolg viel wichtiger als die externe Beurteilung.

Um den persönlichen Lernerfolg gebührend zu würdigen und zu beurteilen, sind regelmässige Aufzeichnungen über einen längeren Zeitraum hilfreich (Tagebücher, Journale, etc.). Diese Aufzeichnungen sollten sich auf die Aspekte Wissen und Können einer Kompetenz, aber auch die Haltung dazu und die eigenen Gefühle beziehen. Ausserdem werden mit Vorteil erreichte Teilschritte erkannt und gewürdigt. Eine solche Selbsteinschätzung macht unabhängiger vom Urteil anderer und führt dazu, dass man sich immer besser kennenlernt.